Foto: (C) Kristoffer Kramer

30.04.2020
BR enthüllt: Sasek-Sekte sammelt bundesweit Infos über Politiker und Journalisten

Mehring: Jetzt müssen alle Alarmglocken des Rechtsstaates läuten
 
München. Der Bayerische Rundfunk hat am Mittwoch über neue Enthüllungen zum Agieren der sogenannten Organischen Christus Generation (OCG) um den Schweizer Sektenguru Ivo Sasek berichtet. Investigative Recherchen des BR-Politikmagazins „Kontrovers“ hatten ergeben, dass Anhänger der Bewegung in weit größerem Maße als bisher bekannt Daten über Politiker und Journalisten sammelten. In der am Mittwochabend ausgestrahlten Sendung stellt sich der Parlamentarische Geschäftsführer der FREIE WÄHLER Landtagsfraktion Dr. Fabian Mehring den Fragen der Journalisten. Mehrings Fraktion hatte als erste politische Gruppierung bundesweit mit einem Antrag die Untersuchung der rechtsextremen Sasek-Bewegung gefordert.
 
Mittlerweile hat „Kontrovers“ das gesamte Ausmaß der „Sasek-Listen“ aufgedeckt – mit beängstigenden Erkenntnissen. „Wir wissen jetzt, dass es sich leider nicht nur um die Arbeit einiger Fanatiker handelt, die ein bisschen im Internet recherchiert haben. Vielmehr hat die OCG eine systematische Analyse nahezu aller Menschen, die im gesamten Bundesgebiet in überregionaler politischer Verantwortung stehen, angefertigt. Auf ihren Listen finden sich wohl Mitglieder des Deutschen Bundestags ebenso wie Abgeordnete sämtlicher Landesparlamente“, erklärt Mehring.
 
Ihm selbst sei von den Urhebern der Listen eine vierstellige „Kennziffer“ zugeordnet worden, darunter seine private Handynummer und die Adresse seiner Privatwohnung. Mehring ist entsetzt über Ausmaß und Detailgrad der Listen: „Das erinnert auf erschreckende Weise an dunkle Zeiten in unserem Land. Spätestens jetzt muss jedem klar sein, dass wir es nicht mit einer harmlosen Gruppe von Ideologen zu tun haben, sondern wir einem äußerst bedenklichen Vorgang von bundesweiter Bedeutung auf der Spur sind. Deshalb müssen alle Alarmglocken des Rechtsstaates läuten.“
 
Die neuen Erkenntnisse über die Datensammelwut der Sasek-Sekte will Mehring der Generalstaatsanwaltschaft und dem bayerischen Innenministerium übermitteln. Nach deren Bericht an den Landtag soll über das weitere Vorgehen entschieden wären. Zwischenzeitlich hat sich auch Bayerns Antisemitismusbeauftragter, der frühere Kultusminister Ludwig Spaenle, für eine Beobachtung der OCG durch den Verfassungsschutz ausgesprochen. „Daran führt auch in meinen Augen kein Weg mehr vorbei. Angesichts der Betroffenheit nahezu aller politischen Entscheidungsträger Deutschlands sowie zahlloser Journalisten kann und darf sich unser Rechtsstaat solche Praktiken nicht gefallen lassen“, so Mehring abschließend.

Zum Hintergrund: Im Januar hatte „Kontrovers“ Mehring erstmals über Rechercheergebnisse zur OCG in Bayern informiert. Demnach habe Guru Sasek seine Mitglieder dazu aufgerufen, Informationen über Journalisten und Politiker zu sammeln – etwa zu deren „Rassenzugehörigkeit“ oder „sexueller Orientierung“. Ferner hielt Sasek Anhänger dazu an, Listen über Politiker anzufertigen und sie in verschiedene Kategorien einzuteilen. In den „Predigten“ Saseks instrumentalisierte dieser außerdem den Holocaust und verbreitete im Stile einer Nachrichtensendung Fake News zum Corona-Virus – aus einem zum Fernsehstudio umgebauten Industriegebäude im schwäbischen Mertingen.
 
Diese Informationen nahm Mehring zum Anlass, mittels eines Antrags seiner Fraktion das Bayerische Innenministerium einzuschalten. Zwischenzeitlich läuft ein Vorermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft, Mehring ist als Zeuge involviert. Außerdem steht der Abgeordnete im Austausch mit einer Aussteigerin. „Was ich in diesen Gesprächen erfahren habe, bestätigt mich in meiner Ansicht, dass der Verfassungsschutz das Treiben der „Organischen Christus Generation“ genau unter die Lupe nehmen muss“, so Mehring.