Foto: (c) Michaela Meier

12.01.2023
Engpass bei Medikamenten: Dr. Mehring schlägt Alarm

Landtagsabgeordneter und Apotheker Riesinger wollen Versorgung in der Region sicherstellen  

Bereits vor Weihnachten schlugen Hausärzte aus den Landkreisen Dillingen und Augsburg Alarm beim Landtagsabgeordneten Dr. Fabian Mehring. Ihre Sorge: Weil zahlreiche Medikamente vergriffen waren und von den Apotheken in der Gegend nicht mehr beschafft werden konnten, befürchteten die Mediziner ihre Patienten über die Feiertage nicht angemessen versorgen zu können. Mehring nutzte damals seinen Kontakt zu Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Im Dialog mit dem Großhandel und durch Umverteilungen innerhalb Bayerns gelang es dessen Task-Force im Gesundheitsministerium, die Versorgung während der Feiertage nach Kräften zu stabilisieren.

„Dauerhaft gelöst ist das Problem damit allerdings nicht. Explodierende Energiekosten, grassierender Fachkräftemangel und die über Jahrzehnte betriebene Verlagerung der Produktion jenseits der EU sind strukturelle Probleme, die immer neue Vesorgungslücken provozieren“, befürchtet Mehring. Auch die von Bundesminister Lauterbach ab Februar für drei Monate ausgesetzten Festbeträge ändern daran in den Augen von Mehring nichts: „Diese Sofortmaßnahme ist richtig und wird kurzfristig helfen, löst die strukturellen Probleme aber nicht. In drei Monaten sind wir dann so klug wie zuvor. Deshalb müssen wir zeitgleich grundsätzlichere Maßnahmen auf Weg bringen, um weiteres Marktversagen zu verhindern, unabhängiger von Importen zu werden und die Versorgung dauerhaft sicherstellen zu können“, fordert Mehring. Deshalb traf sich der Landespolitiker mit Sebastian Riesinger, der kürzlich die Apotheken in Meitingen, Dillingen und Wertingen übernommen hat, um die Lage zu analysieren und konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation zu erarbeiten.  

Im Zuge dessen bestätigte der Pharmazeut Mehrings Eindruck: „Trotz aller Bemühungen spitzt sich die Situation immer mehr zu. Wir mischen beispielsweise Fiebersäfte vor Ort selbst, weil sie nicht mehr lieferbar sind“, so Riesinger. Er berichtete Mehring, dass diverse Wirkstoffe derzeit kaum oder nicht auf dem Markt verfügbar sind und durch andere Präparate ersetzt werden müssen. Das ist laut Riesinger jedoch nicht in allen Fällen möglich: „Manche Medikamente, etwa für herzkranke Patienten, können nicht ohne Weiteres durch andere Wirkstoffe ersetzt werden. Wenn solche Präparate ausgehen, kann deren unvermittelte Absetzung schlimmstenfalls bis zum Tod führen. Bei bestimmten dauerhaften Medikationen drohen zudem gesundheitliche Schäden, wenn sie mangels Verfügbarkeit vorübergehend ausgesetzt werden müssen. Im Bereich der Antibiotika muss außerdem oft unnötig breit angesetzt werden, weil spezifischere Wirkstoffe gerade nicht verfügbar sind“, macht Riesinger die Brisanz der Lage deutlich.

Insbesondere verschiedene Antibiotika sowie Medikamente für Kinder sind laut dem Apotheker derzeit kaum zu bekommen. „Das hat über Weihnachten bereits zu vermeidbaren Krankenhauseinweisungen geführt, weil Behandlungen Zuhause mangels Medikamente nicht möglich waren“, zeigt Riesinger sich besorgt. Entspannt sich die Situation nicht, befürchtet Riesinger gravierende Auswirkungen auf das Gesundheitssystem: „Unser System beruht auf verfügbaren Medikamenten zur Anwendung Zuhause. Bricht dies durch einen Mangel an Arzneimitteln weg, landen die Menschen unweigerlich in unseren Krankenhäusern und es wird erneut zu einer Überlastung unseres Gesundheitssystems kommen“, sorgt sich Riesinger.

Beim Gespräch in der Meitinger Rathaus-Apotheke formulierten Riesinger und Mehring deshalb konkrete Vorschläge, die der FW-Politiker bei Gesundheitsminister Holetschek einspeisen will. Kurzfristig steht dabei die Preisbildung im Zusammenspiel zwischen Produzenten, Großhandel und Apotheken im Fokus, bei denen auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach ansetzt. Mehring kann sich zusätzlich vorstellen, Verträge zwischen Krankenkassen und Herstellern zukünftig anders zu gestalten: „Sich über Rabattverträge an die je günstigsten Anbieter zu binden, macht in einer Mangellage keinen Sinn“, wirbt Mehring für das Ende dieser Systematik.

Dauerhaft sieht der FW-Politiker den Ausweg aus den Engpässen bei Arzneimitteln aber nur in der Rückverlagerung ihrer Produktion nach Europa: „Uns fällt auf die Füße, dass größte Teile der Produktion zuletzt in Billiglohnländer mit geringen Energiepreisen verlagert wurden. Bei Medikamenten geht es aber sprichwörtlich um Leben und Tod. Auch wenn dies freilich teurer ist, müssen wir die Versorgung der Menschen in unserer Heimat deshalb selbst gewährleisten können, statt unsere Gesundheit vom Import von Medikamenten aus anderen Kontinenten abhängig zu machen“, wirbt Mehring für eine europäische Initiative für die Produktion von wichtigen Medikamenten in Europa und kann sich dafür sogar ein konzertiertes Förderprogramm auf EU-Ebene vorstellen, um Pharmaunternehmen dafür zu gewinnen.